Doppelhaushalt einstimmig verabschiedet

Guth zu Gast - Moll hört auf - Hintze rückt nach

  In ihrer jüngsten Sitzung hatten Ortsbürgermeister Christoph Stumpf (SPD) und „sein“ Gemeinderat – pandemiebedingt ein weiteres Mal in der geräumigen Bürgerhaushalle und parlamentarischer Sitzordnung – den wie in der Vergangenheit von Frau Gertrud „Gerti“ Cramme, Leiterin der Finanzabteilung der Verbandsgemeindeverwaltung Winnweiler, en detail erläuterten Doppelhaushalt 2021/2022 zu beraten und zu beschließen. Zum hierbei landesweit besonders umstrittenen Thema der deutlichen Erhöhung der Grundsteuer B auf letztlich 500 Prozent waren eigens Landrat Rainer Guth und die Leitende Beamtin der Kreisverwaltung des Donnersbergkreises, Juristin Eva Hoffmann, erschienen.

  Kernaussagen des nicht ausgeglichenen Ergebnishaushalts sind für 2021 zu erwartende Erträge von 1.344.750 Euro, denen Aufwendungen in Höhe von 1.475.600 Euro gegenüberstehen - ein Jahresfehlbetrag von 130.850 Euro. Für 2022 resultiert aus der Gegenüberstellung von Erträgen und Aufwendungen ein Defizit von 54.600 Euro. Der Hebesatz für die Grundsteuer A steigt im Jahr 2021 von 300 Prozent auf 325 Prozent im Jahr 2022. Die Grundsteuer B ist für 2021 auf 365 Prozent festgesetzt, steigt im Jahr 2022 – wie weisungsgemäß gefordert – auf 420 Prozent. Die Gewerbesteuer steigt von ebenfalls 365 Prozent (2021) moderat auf 380 Prozent (2022). Die Abgaben für Hundehalter erhöhen sich von 48 Euro auf 60 Euro für den ersten, von 72 Euro auf 90 Euro für den zweiten und von 96 Euro auf 120 Euro für jeden weiteren Hund. Die Personalkosten belaufen sich 2021 auf 96.550 Euro, 2022 auf 97.918 Euro. Aufwendungen für die Instandhaltung gemeindlicher Einrichtungen (etwa Bürgerhaus, Friedhof, Spielplätze) werden sich 2021 bei 82.673 Euro und 2022 bei 76.519 Euro einpegeln. Die Abschreibungen von unter anderem Gebäuden, Plätzen und Wegen werden mit 147.986 Euro (2021) beziehungsweise 152.162 Euro (2022) kalkuliert. Die Umlagen schlagen 2021 und 2022 für die Gewerbesteuer mit jeweils 7.700 Euro, für die Kreisumlage mit 494.370 Euro (2022: 507.497 Euro) und für die VG-Umlage mit 597.842 Euro (2022: 613.717 Euro) zu Buche. Bei den Zins- und Finanzaufwendungen wird im Jahr 2021 mit 8.343 Euro gerechnet, im Folgejahr vermindert sich dieser Wert auf 7.981 Euro. Bei der Entwicklung der Schulden ist festzustellen, dass diese Ende 2021 573.200 Euro (Ende 2022: 548.500 Euro) betragen werden. Dies führt unter Einrechnung der geplanten Baulandschaffung auf dem Friedhof (siehe hierzu nachfolgenden Absatz: „Ungenutzte Friedhofsfläche wird Bauland“) zu einer reduzierten Pro-Kopf-Verschuldung von 463 Euro (2021), respektive 443 Euro (2022). Somit vermag die Gemeinde trotz der umfassenden Bürgerhaussanierung 2013 (bezuschusste 1,3 Mio. Euro) klar unter dem aktuellen Landesdurchschnitt von 485 Euro zu bleiben. Die Bezuschussung aus dem „Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz“ (KEF-RP) beträgt für beide Jahre jeweils 778 Euro. Das Eigenkapital der Gemeinde beläuft sich Ende 2021 auf voraussichtlich 1.850.924 Euro, Ende 2022 auf 1.796.332 Euro.

  „Nach meiner Überzeugung belegt der vorgestellte Doppelhaushalt unzweifelhaft, dass wir keineswegs etwa einfach wild drauf los planen, sondern, ganz im Gegenteil, jede einzelne noch so kleine Maßnahme im Hinblick auf ihre Notwendigkeit, ihren Umfang und Zeitpunkt zum Nutzen und Vorteil unserer Bürger*innen gemeinsam sehr sorgsam abwägen. Die Summe der Investitionen bleibt stets auf das erforderliche Mindestmaß beschränkt. Gerade so konnten wir trotz der 2013 umgesetzten 1,3 Millionen Euro teuren energetischen Komplettsanierung des Bürgerhauskomplexes die Pro-Kopf-Verschuldung unserer Bürgerinnen und Bürger unter den Landesdurchschnitt senken und dort halten. Sicher ein Erfolg“, so Stumpfs ein wenig stolzes Fazit zu dem Zahlenwerk. Das vorgelegte Konzept wurde verbunden mit dem kollektiven Dank an Frau Cramme für ihre abermals anschauliche wie verständliche und auf die wesentlichen Kernaussagen reduzierte Darstellung der durchaus komplizierten und komplexen 280 Seiten umfassenden Materie fraktionsübergreifend (bei zwei Enthaltungen) ohne Beanstandung oder Kritik einhellig angenommen.          

  Kreischef Guth, erstmals Teilnehmer einer Ratssitzung in Münchweiler, erläuterte, warum die Erhöhung der Grundsteuer B auf 500 Prozent unumgänglich ist. „Die Anweisung kommt ‚von oben‘, unsere Idee war das nicht, wir haben lediglich den Schwarzen Peter zugeschoben bekommen und können jetzt schauen, wie wir das in unserem aus 81 Städten und Gemeinden mit seinen rund 76.000 Einwohnern bestehenden Kreisgebiet auf die Reihe bekommen. Uns tut das auch weh, keine Frage“, legte Landrat Guth dar. Seitens der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) besteht die Maßgabe, stets und in jedem Jahr einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, andere werden künftig nicht mehr genehmigt. „Es muss der klare Wille erkennbar sein, sämtliche möglichen Erträge auf kommunaler Ebene zu generieren und dazu gehören eben gerade die Realsteuersätze. Tut dies eine Gemeinde nicht, erfolgt keine Genehmigung für ihren Haushalt“, machte der Landrat deutlich. Frau Hoffmann stellte heraus, dass sämtliche in der Vergangenheit angewandten Maßnahmen nicht den Erfolg hatten, den man sich von ihnen versprach. „Gemäß der geltenden Gemeindeordnung (§ 93 GemO) hat jede Kommune in jedem Jahr einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat hierzu ausgeführt, dass die Kommunen zur Erfüllung dieser Vorgabe größtmögliche Anstrengungen zur Anpassung an diese zu unternehmen haben. Für ein beispielsweise 664 m² großes bebautes Grundstück sind bei einem aktuellen Hebesatz von 365 Prozent in Münchweiler jährlich 278 Euro zu entrichten, bei einem Hebesatz von 500 Prozent würden 381 Euro fällig“, führte die Juristin aus. Stumpf schlug vor, die vom Gemeinderat für 2021 auf 365 Prozent festgesetzte Grundsteuer B im kommenden Jahr auf 420 Prozent zu erhöhen. „Danach könnten wir den Steuersatz in den Doppelhaushalten 2023/2024 auf 460 Prozent und im darauffolgenden (2025/2026) auf die letztlich geforderten 500 Prozent aufstocken. Diese Anhebung hätte allerdings dann der neu gewählte Gemeinderat (Mai 2024) eigenständig erneut zu prüfen und zu beschließen“, setzte Stumpf auseinander.  

  Gleich zu Sitzungseröffnung oblag Stumpf die Aufgabe, den überraschenden Rücktritt des langjährigen CDU-Ratsmitgliedes Dieter Moll aus persönlichen Gründen zum nächstmöglichen Zeitpunkt Rat, Publikum und Presse offiziell bekannt zu geben. „Dieter war über die letzten zehn Jahre hinweg ein stets konstruktiver, kompetenter und engagierter Gemeindevertreter. Dafür unseren, insbesondere meinen Dank! Ein kleiner feierlicher Akt hierzu findet nach Eingang der von mir beim Gemeinde- und Städtebund beantragten Urkunde noch statt“, betonte der Ortschef. Nachrücker und als neues Mitglied der sechsköpfigen CDU-Fraktion wurde von Stumpf unter dem Hinweis auf die besondere Treue- und Verschwiegenheitspflicht und Aushändigung der Urkunde sowie einer Ausgabe der 600 Seiten starken Gemeindeordnung, jedoch coronabedingt ohne den sonst obligatorischen Handschlag, Carsten Hintze verpflichtet. Als mehrjähriges ordentliches Mitglied im Bau- und Liegenschaftsausschuss (A-I) blickt Hintze bereits auf erste kommunalpolitische Erfahrungen zurück.

Ungenutzte Friedhofsfläche wird Bauland

  Stumpf schlug vor, aufgrund der hohen Nachfrage nach Bauplätzen in der Gemeinde – aktuell liegen dieser mehr als 40 Bauanfragen vor – und der ultimativen Aufforderung der übergeordneten Behörden, die Haushaltssituation deutlich zu verbessern, einen Teil des ungenutzten Friedhofsareals (circa 1.200 m²) zwischen Ackerwiese und Ziegelstraße zu Bauland umzuwidmen. „Unser Friedhof hat eine Gesamtfläche von rund 10.000 m². Hiervon könnten wir etwa zehn Prozent, also 1.000 m², entwidmen, eine sogenannte Abrundungssatzung beschließen und Baureife herstellen lassen. Die restliche Friedhofsfläche ist durchgängig zu etwa 50 Prozent frei, sodass wir auch mittel- und langfristig nicht in Platznot kommen dürften, zumal die Tendenz deutlich Richtung platzsparende und kostengünstigere Urnenbeisetzungen geht und fortlaufend Grabstätten nach über 30 Jahren abgeräumt werden. Ein Oberflächenentwässerungskanal ist bereits vorhanden. Insgesamt lägen die Erschließungskosten für die Gemeinde auf einem sehr günstigen Niveau. Zudem liegen für diese machbare Alternative bereits ebenfalls mehrere Bauanfragen vor“, erläuterte der Ortschef. Nach Aussprache beschloss das Gremium bei einer Neinstimme und einer Enthaltung 1.050 m² als Bauland zum aktuell ortsüblichen Quadratmeterpreis zur Verfügung stellen zu lassen. „Damit generieren wir einmalig beträchtliche Mittel und verbessern unsere Haushaltssituation signifikant“, hob Stumpf hervor. Bei einer Neinstimme und einer Enthaltung wurde der Vorschlag angenommen.

Bahnpfad wird Radweg

 Stumpf gab bekannt, dass der Zuschussantrag für den Ausbau des Bahnpfades vom Winnweilerer Ortsteil Langmeil nach Münchweiler positiv beschieden worden und die zugesagte Summe zwischenzeitlich eingegangen sei. „Die Gesamtkosten belaufen sich auf unserer Gemarkung auf etwa 90.000 Euro, wovon die Gemeinde 23.000 Euro zu tragen hat, was einer Landesförderung von über 70 Prozent entspricht. Hinzu kommt noch eine LED-Straßenbeleuchtung, die ebenfalls zu sehr günstigen Konditionen verwirklicht werden kann. Die entsprechende Gesamtsumme wird nach positiver Prüfung auf Zulässigkeit durch die übergeordnete Behörde aus unserem Feldwegerücklagekonto entnommen, in dem entsprechende Mittel vorhanden sind, unser Haushalt somit nicht belastet wird“, verdeutlichte Stumpf.    

  Beim Baugebiet „Ackerwiese, Ziegelhütte, Bornacker, Seier“ galt es, eine Abwägung und einen Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan zu beschließen, da im Seier das neue Feuerwehrgerätehaus („An der Feuerwache“ 1) und die beiden dahinter liegenden neuen Anwesen (Bornacker) nachträglich in den Bebauungsplan aufzunehmen waren. „Sämtliche Träger öffentlicher Belange, wie etwa Kreisverwaltung, Pfalzwerke, SGD Süd Neustadt/Weinstraße oder Kabel Deutschland, wurden gehört, wobei die ausnehmend wenigen Anmerkungen und Hinweise in die bestehende Planung eingearbeitet und berücksichtigt wurden“, führte Stumpf aus. Die erforderlichen drei Beschlüsse zu Abwägung, beschleunigtem Verfahren und Offenlegung wurden allesamt einstimmig (ohne Enthaltung) gefasst.

  Der Forstwirtschaftsplan (FWP) 2021, wie immer erstellt vom Sippersfelder Revierförster Dieter Gass, ergibt einen Planertrag von 2.832 Euro, der Planaufwand wird auf 3.215 Euro taxiert, was einem Minus von 583 Euro entspricht. Das Zahlenwerk wurde, wie vom Ortschef vorgestellt, ohne Aussprache unisono (ohne Enthaltung) angenommen. Die Vorstellung des FWP nahm Eva Bundenthal, Fraktionsvorsitzende der SPD, zum Anlass, nach mehreren Jahren wieder eine Waldbegehung durch die Ratsmitglieder anzuregen. „So Ende September/Anfang Oktober wäre vorbehaltlich der Abstimmung mit dem Revierförster Gass ein geeigneter Zeitraum, denke ich“, so Eva Bundenthals Vorschlag, der allgemeine Zustimmung erfuhr.

(Siehe auch „Die Rheinpfalz“ und "Winnweiler Rundschau, KW24.)

Online: Samstag, 12. Juni 2021

 

Von links: die Ortsbeigeordneten Tanja Dautermann (erste) und Theo Bundenthal (zweiter), Landrat Rainer Guth und die Leitende Beamtin der Kreisverwaltung, Juristin Eva Hoffmann

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Gertrud Cramme, Leiterin der Finanzabteilung der Verbandsgemeindeverwaltung Winnweiler, eingerahmt von Ortsbürgermeister Christoph Stumpf und Schriftführer Peter Schneller (li.)

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Die coronakonform verteilten Gemeindevertreter der beiden im Rat vertretenen Fraktionen SPD und CDU; Zweiter v. li. der nach zehn Jahren aus persönlichen Gründen zurückgetretene Dieter Moll

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Nachrücker Carsten Hintze (li.) wird unter Beachtung der Corona-Regeln und unter Hinweis auf die Treue- und Verschwiegenheitspflicht von Ortschef Christoph Stumpf als neuer Gemeinderat verpflichtet