Münchweilerer Daniel Wolf initiiert privaten Hilfskonvoi
Hinfahrt mit Hilfsgütern - Rückfahrt mit Flüchtlingen
„Als ich all das Leid, die Not und Verzweiflung, aber auch die Zerstörung in der Ukraine in den Nachrichten- und Sondersendungen im Fernsehen sah, stand für mich augenblicklich fest, dass ich sofort etwas tun musste und wollte. Und zwar weit über eine Spende hinaus. Ich rief meinen Freund Michael Sonntag, erster Beigeordneter im südpfälzischen Bechhofen, an, und er war sofort einer meiner Meinung mit mir. Wir einigten uns schnell auf die zeitnahe Planung, Organisation und Umsetzung eines kleinen Hilfskonvois mit einem Fahrzeug, um den Menschen dort zum einen so viele Hilfsgüter wie möglich zu bringen und zum anderen auf der Rückfahrt so viele Flüchtlinge wie möglich mit zurückzunehmen“, so der Wunsch des Münchweilerer Daniel Wolf, Initiator und Co-Protagonist der Aktion.
Über Facebook wurde ein weit gestreuter Aufruf zur Unterstützung dieser Aktion geteilt, der binnen kürzester Zeit ein überwältigendes und nicht für möglich gehaltenes Echo erfuhr. Ursprünglich angedacht war die Fahrt mit einem Van, gefüllt mit vorrangig Babybedarf, und einer vertriebenen ukrainischen Mutter mit ihren Kindern für die Rückfahrt. Der Spendenaufruf erbrachte dann allerdings innerhalb von 48 Stunden mehr als 8.000 (!) Euro und Sachspenden von solchem Ausmaß, dass zuletzt vier große Vans bis zum Bersten beladen werden konnten und mit insgesamt elf freiwilligen Ehrenamtlichen die Fahrt am Freitagnachmittag (4. März) in Richtung polnisch-ukrainischer Grenze losgehen konnte.
Vier voll beladene Vans gehen auf die Reise
Rudolf Jacob, Orts- und VG-Bürgermeister von Winnweiler, erklärte sich spontan bereit, das Großraumfahrzeug der Verbandsgemeinde für diesen Zweck kostenlos zur Verfügung zu stellen. Idee, Kontakt und Verwirklichung leistete hierbei ausschlaggebend Christoph Stumpf, seit nunmehr fast 23 Jahren Ortsbürgermeister von Münchweiler, der sich zudem privat maßgeblich an der Spendenaktion beteiligte. Der zweite Van wurde von einem Bochumer Unternehmen gratis zur Verfügung gestellt, das ungenannt bleiben möchte. Den Dritten organisierte Michael Sonntag von der Firma „Scheidhauer´s Hundeglück“ aus seinem Heimatort. Zusätzlich stellten sich der Firmeninhaber, Martin Scheidhauer, sowie Vater Werner Sonntag und er selbst als Fahrer für die zu erwartenden deutlich mehr als 3.000 Kilometer binnen geplanten 48 Stunden zur Verfügung. Der Vierte schlussendlich konnte von der Sixt Autovermietung zum Selbstkostenpreis angemietet werden. Darüber hinaus fielen für Benzin und Mautgebühren dennoch alles in allem etwa 1.000 Euro an.
Dank an Dautermann, Jenzer, Lauer und Alsenz Apotheke
Bis zur Abfahrt wurden etwa Babynahrung, Decken, Hygieneartikel, Powerbanks, Schlafsäcke, Verbandsmaterial und dergleichen mehr en gros eingekauft. In der Winnweilerer Alsenz Apotheke konnten vorrangig rezeptfreie Medikamente, aber auch beispielsweise Blutdruck-, Blutzuckermess- und Ultraschallgeräte für insgesamt mehr als 3.000 Euro erworben werden. „Wir erhielten alle Produkte zum Einkaufspreis! Hierfür unseren ganz besonderen Dank an Frau Monika Behrend“, führt Daniel Wolf aus, „zudem gilt unser ausdrücklicher Dank im Namen aller der Münchweilerer Bäckerei und Lebensmittel Achim & Ulrich Dautermann und den Metzgereien Jenzer in Lohnsfeld sowie Lauer in Winnweiler für die großherzigen Spenden in Form von frischen Backwaren und herzhafter Dosenwurst. Beides fand unter den Flüchtlingen und Vertriebenen, groß wie klein, reißenden Absatz.“
„Insgesamt haben wir bis zur Abfahrt mehr als 6.000 Euro in das Projekt investiert. Der gesamte Rest der Barspenden geht vollständig zu treuen Händen Jochen Lunks, Vorsitzender des Rot-Kreuz-Ortsvereins Münchweiler, der sich bereiterklärt hat, die in der ehemaligen und vollständig für diesen Zweck hergerichteten Jugendherberge Steinbach unterzubringenden Ukraine-Flüchtlinge, überwiegend Mütter mit ihren kleinen Kindern, bis auf Weiteres mit zu betreuen und zu versorgen“, erläutert Daniel Wolf. Weiterhin richtet Wolf ganz besonderen Dank an das rund ein Dutzend freiwilliger Helfer, die beim Sortieren und Beladen der Vans tatkräftig mit angepackt haben. „Insbesondere aber gilt unser Dank unseren Ehefrauen und Partnerinnen, die uns für dieses Projekt von Anfang bis zum Ende den Rücken komplett freigehalten und dieses auch ansonsten uneingeschränkt unterstützt haben. Ohne sie wäre es sicher nicht umzusetzen gewesen“, meint Daniel Wolf.
OB Stumpf wünscht viel Erfolg und gesunde Heimkehr
Zur Abfahrt waren Stumpf und der Beigeordnete Bernd Riffel am Bürgerhaus erschienen. „Herzlichen Dank im Namen der gesamten Gemeinde, aber auch persönlich für Euren überaus lobens- wie nachahmenswerten Einsatz für die vom Schicksal so hart getroffenen Menschen und damit letztlich auch für den Frieden. Ich wünsche Euch von Herzen eine gute Fahrt und ganz besonders eine sichere und gesunde Heimkehr mit möglichst unversehrten ukrainischen Flüchtlingen an Bord. Hierbei gleichfalls mein Dank an unseren DRK-Ortsverein mit Jochen Lunk an der Spitze, der sich trotz der zweifellos extrem hohen Belastung für das seit zwei Jahren ununterbrochen laufende Corona-Testen darüber hinaus sofort bereiterklärt hat, sich und seine Mannschaft für die in der Jugendherberge Steinbach untergebrachten Flüchtlinge mit einzubringen“, bedankt sich Ortschef Stumpf. Auch Riffel schloss sich den guten Wüschen an. „Ich hoffe, ihr habt Erfolg, kommt ohne ernsthafte Schwierigkeiten hin und vor allem wohlbehalten wieder zurück. Ein beispielhaftes Unterfangen, das ihr da angeht, keine Frage. Ihr alle könnt Euch meines höchsten Respekts vergewissert sein!“, streicht Riffel heraus.
Nach einer Fahrt über gut 1.500 Kilometer konnte die polnisch-ukrainische Grenze an einem vereinbarten Zielpunkt erreicht werden. Aufnahmelager für abertausende Flüchtlinge und Vertriebene sowie Umschlagplätze für großen Mengen Hilfsgüter gibt es hier. „Unsere Sachen waren vorab verabredet und angemeldet, wir wurden deshalb bevorzugt behandelt, die Sachen wurden zügig in einen schon bereitstehenden ukrainischen Lkw verladen. Da wir vorher an kompetenter Stelle erfragt hatten, was am dringendsten gebraucht werde und wir nach dieser Liste eingekauft und sortiert verladen hatten, war man überaus dankbar für die Lieferung und übernahm sie sofort“, stellt Michael Sonntag heraus.
Nur wenige Flüchtlinge wollen nach Deutschland
Vor Antritt der Rückfahrt mussten wir feststellen, dass praktisch keine oder nur ganz wenige Flüchtlinge mit nach Deutschland wollten. Der ganz große Teil wollte um jeden Preis so nahe an der ukrainischen Grenze wie möglich verharren. Alle hoff(t)en inständig darauf, dass dieser furchtbare Krieg lieber heute als morgen zu Ende ginge und die Mütter mit ihren Kindern schon am nächsten Tag wieder in ihre Heimat und zu ihren Ehemännern und Häusern, beziehungsweise was davon noch übrig sein würde, zurückkehren könnten. „Das erklärt auch, warum in Deutschland aktuell etwa 50.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine angekommen sind, im polnischen Grenzgebiet zur Ukraine aber bereits mehr als eine Million“, führt Werner Sonntag aus.
Die elfköpfige Truppe erhielt dann aber von einem der offiziellen Organisatoren den Hinweis auf eine ukrainische Mutter mit einem Kind, die bereits vier Tage auf der Flucht war, bis sie das sichere Polen erreicht hatte und schnellstmöglich weiter nach Deutschland wolle. „Die junge Mutter und ihr achtjähriger Sohn bewältigten zusammen mit uns den langen Heimweg und wurden wunschgemäß in der Nähe von Zweibrücken bei der dort seit Jahren lebenden Schwester der Frau übermüdet und erschöpft, dafür unversehrt und vor allem unendlich dankbar für ihre Rettung übergeben. Die ehemalige Jugendherberge in Steinbach brauchte somit von uns – entgegen der ursprünglichen Annahme – nicht in Anspruch genommen zu werden“, erläutert Maximilian Wolf.
„Insgesamt bewerten wir elf unser Unternehmen ausnahmslos als vollen Erfolg, gleichwohl wir ‚nur‘ zwei Flüchtlinge mitgebracht haben. Die vielen hilfreichen Erkenntnisse und Erfahrungen, die wir sammeln konnten, werden wir künftigen Hilfskonvois, gleich ob professionell oder privat wie wir, gerne zur Verfügung stellen. Ein Einfahren in die Ukraine etwa über einen der humanitären Korridore verbot sich für uns von selbst, da hier keinesfalls eine ausreichende Sicherheit für Leib und Leben gewährleistet wird. Zudem waren unsere Ehefrauen strikt dagegen. Wir sind alle ziemlich kaputt und müde, aber noch viel mehr glücklich und ein bisschen stolz“, lautet das Fazit von Daniel Wolf.
Fotos: Wolf (5), Riffel (1)
(Siehe auch „Winnweiler Rundschau“, KW11.)
Online: Dienstag, 8. März 2022